Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
Online-Netzwerk für Patienten/-innen und Angehörige

Revlimid

Antwort auf Revlimid
19 Apr 2024 20:13
  • Bernd_W
  • 21 Beiträge seit
    10. Apr 2023
Danke für die nette Rückmeldung.
Ist wie immer 10 Ärzte und 11 Meinungen :-)

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Antwort auf Revlimid
19 Apr 2024 20:53
  • Callosum62
  • 95 Beiträge seit
    18. Sep 2023
Hallo, daw,
warum nicht auf täglich 5 mg L? Nun, das MM hat mich schon ein wenig zu einem Pillen-Guerilla gemacht. Wie gesagt, ich habe ein Jahr herumprobiert. Und als alter Fan der Dr. House-Methode, also wenn es funzt, war es richtig, wenn nicht, dann eben nicht (aber nur nach mehreren Wiederholungen und wenn man es nicht weiß, ist klar) habe ich natürlich auch mal jeden zweiten Tag 10mg genommen. Macht so ungefähr 5 mg am Tag, ja, stimmt nicht ganz, ich weiß. Ich war auch schon kurz davor, die Kapseln auseinander zu nehmen und mit der Feinwaage selbst zu dosieren. Ich hatte dann aber nach diesem langen Ritt schlichtweg keinen Bock mehr auf die Nebenwirkungstage. Vielleicht werde ich das noch bereuen, nicht exakt 5 mg täglich versucht zu haben. Bisher hebt es, und das seit 2020. Aber das gilt natürlich nur für mich, das soll bitte nicht als allgemeingültige Aussage verstanden werden. Auf meinen Pluskonto kann ich aber schon 4 Jahre hohe Lebensqualität verbuchen. Letztes Jahr im Februar war ich sogar MRD-. Neulich habe ich in einem Vortrag gehört, wenn man es schafft, 4 Jahre am Stück in Remission zu sein, dann ist das für weitere Behandlungen eine ganz gute Ausgangslage. Tja, vielleicht einfach nur Schwein gehabt.

Was ich sehr wichtig finde, und das hast Du gut auf den Punkt gebracht: Ohne Lenalidomid ist der Mutationsdruck des MM eben höher. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das Immunsystem nach dem Gehirn das zweit komplexeste System im Körper, und eine hohe Mutationsfähigkeit ist in diesem System für die T- und B-Zellen sozusagen die angeborene Grundvoraussetzung dafür, damit schnell auf bisher unbekannte Eindringlinge reagiert werden kann. Leider kann eine Mutation eben auch ungünstig verlaufen, und das Problem beginnt, wenn diese Mutation sich nicht selbst umbringt oder vom Abwehrsystem nicht erkannt werden kann. Tja. Wie man sich denken kann: Ein mutiertes MM braucht niemand, denn das kann ja auch zu einem extramedullären MM werden. Ich habe gelernt, solange das MM sich im Knochenmark eingenistet hat und auch da bleibt, kann es recht gut behandelt werden. Aber wenn es mal in die Organe wandert oder in andere Weichteile und sich da mit Nährstoffen versorgen kann, wird es schwierig mit der Therapie. Auch, weil man die Medis da nicht so gut hinbekommt. Darum nehme ich auch nach 4 1/2 Jahren nach der Stammzelltransplantation noch mein L, da haben das andere MM-Kollegen schon längst abgesetzt...

Noch kurz zum letzten Kommentar von Bernd_W, von wegen 10 Ärzte und 11 Meinungen und so (ja, das gibt es, ist so ähnlich wie bei Rechtsanwälten ;). Also, was daw hier sehr gut herausgearbeitet hat, ist keine Meinung, sondern ein Fakt. Punkt. Der Austausch über die Dosis-Anpassungen oder Intervall-Änderungen ist ja mehr der Not der Nebenwirkungen geschuldet, aber wirklich wissen können wir das nicht. Selbst "Deep Thought" könnte das bei der Antwort auf die Frage nach dem Universum, dem Leben und dem ganzen Rest mit den vorhandenen Daten nicht ausrechnen. Oder es käme 42 raus, was auch nicht hilfreich wäre. Zumindest meine Ärzte, die noch vor 6 Jahren fast nie nachgegeben haben, wenn es um Pausen in der Erhaltungstherapie ging, sind jetzt häufig milder in ihren Empfehlungen. Das ist gut für die Patientenbindung, und wenig L ist vielleicht doch besser als gar keins, und wenn das nicht funktioniert, gibt es eben mittlerweile genug anderes Zeug in der Pipeline. Aber, wie daw schon geschrieben hat, wirklich wissenschaftlich begründbar ist das nicht. Sondern eher menschlich...

Folge Deinem Herzen, aber vergiss dabei nicht, Dein Hirn mitzunehmen.
(Alfred Adler)

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Antwort auf Revlimid
19 Apr 2024 23:19
  • Bernd_W
  • 21 Beiträge seit
    10. Apr 2023
Hi Callosum62,

oh, ich hoffe, dass meine Beiträge nicht so angekommen sind, als wären dies Kritiken oder dergleichen. Ich würde Daws Aussagen nie in Zweifel ziehen.

Der Grund, warum ich auf die Beiträge hier angesprungen bin, ist, dass die Erhaltungstherapie meiner Frau langsam ihre Lebensqualität echt einschränkt. Ewig müde gepaart mit Schlaflosigkeit, Neurophatien, Kraftlosigkeit und andere Nebenwirkungen. Als wir die Therapie aussetzen mussten (wegen Infektion) ging es ihr schon nach einem Tag deutlich besser.
Daher haben mich die Meinungen und Erfahrungen hier brennend interessiert.
Ich persönlich stelle mir hier Fragen, auf die ich keine wirklichen Antworten finde. Z.B. Wenn ein Patient MRD negativ ist, warum dann nicht nur eine Minimaldosis? Oder warum muss ein eher zierlicher Mensch die gleiche Dosis nehmen wie ein sehr kräftig gebauter. Die Wirkung von Lenalidomid ist unzweifelhaft, aber die Therapie-Dosis und das -Schema ist nicht wirklich ausführlich erörtert worden. Mir geht es da schon auch wie Johannes1956.
Wir haben am Montag auch wieder Termin, werde das auch mal ansprechen.

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Antwort auf Revlimid
20 Apr 2024 07:16
  • Callosum62
  • 95 Beiträge seit
    18. Sep 2023
Hallo, Bernd,

na dann ist ja gut. Es ist ja leider so, dass in vielen aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen Meinungen mit Fakten gleichgesetzt werden, das sollten wir in diesem Forum bei bestimmten Themen nicht tun - das ist zumindest mal meine Meinung (kleines Paradoxon am Rande :)).

Deine Fragen sind natürlich sehr wichtig, insbesondere dann, wenn man mehr in Richtung "molekulare Diagnostik" und "individuelle angepasste Behandlung denkt". Das ist ja der Trend in der Krebsbehandlung.
Zum Thema "Warum keine Minimaldosis bei MRD-Negativität" - auch da gibt es noch keine belastbaren Studienergebnisse. Denn es ist nicht klar, ob ein tiefes Ansprechen nach Stammzelltransplantation tatsächlich weniger Lenalidomid in der Erhaltung möglich macht. Man hüte sich dafür, dem "linearen Mindset" anheim zu fallen, also weniger braucht weniger und mehr mehr - so geht das im Körper oft nicht, sondern da braucht es eben bestimmte die Überschreitung bestimmter Wirkpegel oder auch Schwellenwerte, damit etwas funktioniert.
Ich kenne leider nur diese Studie, die sich überhaupt damit auseinandersetzt, was bei MRD-Negativität und Erhaltungstherapie sinnvoll sein kann.
"Defining the Optimal Duration of Lenalidomide Maintenance after Autologous Stem Cell Transplant - Data from the Myeloma XI Trial". Charlotte Pawlyn et al.
Quelle: Blood (2022) 140 (Supplement 1): 1371–1372.
doi.org/10.1182/blood-2022-165376
Ein Ergebnis: "In dieser Analyse gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass die Fortführung der Lenalidomid-Erhaltungstherapie über 3 Jahre hinaus mit einem verbesserten PFS (also progressionsfreien Überleben verbunden ist (...) Es scheint jedoch eine Zeit nach der ASCT (= autologe Stammzelltransplantation) zu geben, in der die fortgesetzte Erhaltung möglicherweise keinen anhaltenden Nutzen mehr gegenüber der Beobachtung hat. Die aktuelle Analyse legt nahe, dass die Auswirkungen zwischen 4 und 5 Jahren bei allen Patienten nachließen, früher in der Untergruppe der Patienten mit MRD- nach ASCT."

Deine Frage, warum denn alle Menschen bei verschiedenen Erkrankungen noch mit derselben Dosis anbehandelt werden, ist mehr als berechtigt. So habe ich neulich einen interessanten Audio-Beitrag zur "Diversitäts-Medizin" verfolgt, der am 20.11.2023 als Vortrag im Hörsaal der Uni Bochum gehalten wurde. Dabei ging es um die Frage, ob z.B. Männer und Frauen bei medizinischen Behandlungen mit derselben Standardtherapie werden können, oder ob es Unterschiede im Hinblick auf bestimmte Anwendungen wie z.B. der Dosierung von Medikamenten usw. gibt, die beachtet werden müssen. Spoiler-Alarm: Es gibt sehr wichtige Unterschiede bei der Behandlung, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Geschlecht, sondern auch beim genetischen Hintergrund, dem Lebensalter und dem sozioökonomischen Status. Das Problem: Medizin wird überwiegend an jungen, gesunden weißen akademischen Männern aus den westlichen Industrieländern erforscht und standardisiert. Das Ergebnis vorweggenommen: „Willst du mich behandeln, musst du wissen, wer ich bin“.
In dem 45-minütigen Hörbeitrag stellt Frau Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal von der Ruhr-Universität Bochum unter dem Titel „Warum Therapien nicht bei jedem gleich gut wirken“ ihre bisherigen Erkenntnisse zur Diversitätsmedizin vor. Frau Dr. von Lilienfeld-Toal ist Internistin mit Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie, und daher kennt sie sich auch mit dem MM sehr gut aus. Sie nimmt als konkretes Beispiel das Multiple Myelom und hat dann doch einige, wie ich finde, wichtige Erkenntnisse gewonnen. Bei schwarzen Menschen in den USA ist ein MM doppelt so häufig wie bei Weißen, und schwarze Menschen sind durchschnittlich 4 Jahre jünger bei der Erstdiagnose. Der Vorteil einer Hochdosis mit anschließender autologer Stammzelltherapie in der Dauer des progressionsfreien Überlebens (mehrere Jahre) gegenüber einer reinen Kombinationstherapie mit modernen Medikamenten ist bei weißen Menschen gut belegt. Allerdings gilt dieser Vorteil nicht für schwarze Menschen, so dass sich diese die ASZT womöglich sparen können. Besonders interessant: In aktuellen Studien gibt es zunehmend Belege dafür, dass sich die Biologie des MM bei Frauen und Männern unterscheidet. Frauen erkranken im Durchschnitt in einem späteren Lebensalter am MM. Frauen scheinen auch insgesamt mehr kranke MM-Zellen in sich zu tragen und auch häufiger eine Hochrisiko-Konstellation zu haben als Männer; damit dürften sie eigentlich weniger lang krankheitsfrei sein. Aber keine Sorge: Das ist tatsächlich nicht der Fall, sondern es gibt keinen bedeutsamen Unterschied im Überleben der Erkrankung zwischen den Geschlechtern. Warum ist das so? Ein Erklärungsmodell ist: Bei einer Hochdosis mit autologer Stammzelltherapie haben Frauen, gemessen an der notwendigen Schmerzmedikation, doppelt so häufig schwerwiegendere Nebenwirkungen infolge der Therapie als Männer. Der Berechnungs-Standard für die Menge der Medis, der an Menschen mit der Größe 1,70 m und 70 kg Gewicht ausgerichtet ist, könnte dazu führen, dass kleine Menschen mehr Medikamente pro Kilogramm Körpergewicht bekommen, als große. Frauen sind im Mittel eben kleiner und leichter als Männer. Damit bekommen Frauen in der Regel eine „stärkere“ Hochdosis als Männer. Und dadurch haben sie zwar mehr Nebenwirkungen, aber möglicherweise auch eine bessere Ansprechrate als die Männer. Frau Dr. von Lilienfeld-Toal stellt fest: im Hinblick auf die sozioökonomischen, genetischen sowie geschlechtsspezifischen und altersabhängigen Unterschiede bei der Behandlung des MM gibt es sogenannte „Evidenzlücken“, d.h. die Wissenschaftler wissen im Moment gar nicht gut, was denn eine passgenaue Empfehlung für jeden einzelnen MM-Erkrankten ist. Das Problem ist, dass in der wissenschaftlichen Forschung zu viele Unterschiede unberücksichtigt bleiben, weil das schwierig und teuer ist. Daran möchte sie etwas ändern, und wie sie das machen will, beschreibt sie gegen Ende des Vortrags.

Hier ist der Link des Vortrags von Frau Dr. Lilienfeld-Toal zum nachhören. Braucht aber Zeit und Geduld, dauert eben geballte 45 Minuten, und das kann man nach meiner Erfahrung kaum nebenher beim Spülen oder Bügeln anhören, weil man sich gut konzentrieren muss. Aber die nächsten Tage sind eh verregnet ;)

share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-...id=dira_DRW_818358e6

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(Alfred Adler)

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Antwort auf Revlimid
20 Apr 2024 13:32
  • Bernd_W
  • 21 Beiträge seit
    10. Apr 2023
Prima, Danke Callosum62,

die erste Studie kannte ich schon, aber den Vortrag werde ich mir sicher dieses Wochenende noch anhören. Klingt sehr interessant.

Zum Thema Meinungen und Fakten. Ich denke schon, dass es in einem Forum erlaubt sein muss, Meinungen - oder besser Erfahrungen - zu vertreten oder zu äußern, ist ja keine wissenschaftliche Platform. Wenn jemand die Meinung mit Evidenz unterstützen kann, um so besser.

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Antwort auf Revlimid
20 Apr 2024 22:35
  • Johannes1956
  • Johannes1956s Avatar
  • 126 Beiträge seit
    29. Apr 2023
Danke für die interessanten Beiträge und Diskussionen. Ich habe den Eindruck, dass die Therapie des MM doch schon sehr personalisiert gemacht wird, die Erhaltungstherapie hier aber etwas hinten nach hinkt.

Da gibt es für Patienten nach HD/aSZT eben nur die eine Option und off-label ein wenig Spielraum mit den Pausen.

Damit stellt sich für mich die Frage, was kann man gegen die Nebenwirkungen tun? Bei mir ist es derzeit eine gerötete, juckende Haut im Gesicht, was nicht nur unangenehm, sondern auch im sozialen Umfeld nicht besonders vorteilhaft ist und ein juckender Hautausschlag am Rücken. Mit der Müdigkeit kann ich besser umgehen, da hilft mir viel Bewegung in der Natur.

Vielleicht sollten wir das Unvermeidbare annehmen und bessere Möglichkeiten finden, die Nebenwirkungen zu minimieren. Das ist ja der Preis bei vielen Medikamenten, dass man wieder etwas anderes braucht gegen die Nebenwirkungen.

Eine Alternative zu Revlimid sehe ich für meine Erhaltungstherapie derzeit nicht. Und ich will natürlich die hart erkämpfte Remission nicht aufs Spiel setzen.

Hier sind ja schon einmal ein paar Tips, die ich mit dem Arzt besprechen und ausprobieren kann.

www.myelom.org/grundlagen/komplementaerm...ungen-behandeln.html

Johannes
Letzte Änderung: 20 Apr 2024 22:46 von Johannes1956.

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