Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
Online-Netzwerk für Patienten/-innen und Angehörige

Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren

Betreff: Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
14 Nov 2022 19:46
  • Sangise
  • 6 Beiträge seit
    12. Nov 2022
Mir ist dauernd zum Heulen zumute - habe ich nichts mehr zu lachen?

Ihr Lieben, seit kurzem habe ich endlich dies Forum gefunden.
Etliche Beiträge, Vorträge und Videos Betroffener im Internet und YouTube habe ich verschlungen.
Nun habe ich von der Fülle an Informationen „Magenschmerzen“, auch im Gehirn „Völlegefühl“.

Seit 15. September habe ich zum ersten Mal in der ambulanten Praxis bei einer Internistin gehört, dass bei mir im Blut bei der Elektrophorese des Bluteiweisses etwas gefunden wurde, was da nicht hingehört. „Monoklonale Gammatopathie“.
Der Absturz in die Depression erfolgte postwendend.

Was war dem vorausgegangen?
Mitte August wurden bei mir drei eingebrochenen Lendenwirbeln gefunden, die bei einer OP Kyphoplastie (Auffüllen mit Knochenzement) behandelt wurden.
Nach 6 Tagen „mobil am Rollator“ aus dem Krankenhaus entlassen. Mitgeteilte Diagnose „Osteoporose“ .
Im Krankenhaus wurde diese Untersuchung nicht gemacht, auch keine Biopsie aus den Wirbelkörpern.
Zum Aufbau der Knochen musste ich mir dann eine Rheumatologische Praxis suchen, die dann die weiteren Laboruntersuchungen einleitete.
—— Ich frage mich, warum man entnimmt der Chirurg nicht präventiv etwas Gewebe aus dem Operationsgebiet und lässt es untersuchen? Der Pathologiebefund wird doch fast obligatorisch eingeholt.
Jetzt ist unnötig viel Zeit verschenkt worden.
Meine Zeit, vielleicht meine Lebenszeit. ——

CT nach Pariser Schema und Knochenmarkpunktion sind inzwischen erfolgt. Der Verdacht auf MM wurde bestätigt.

Die „gute Nachricht“ beim Onkologen, ja, ich habe ein Problem durch ein MM, aber es sind nur 20% dieser Zellen im Knochenmark. Eine Chemotherapie müsste nicht sofort beginnen. Ich soll zum Prof. an der Uniklinik für eine Zweite Meinung.
Stattdessen soll aber endlich die Bisphosphonat-Therapie beginnen.
Der letzte Weisheitszahn wurde herausoperiert, er war etwas zu schwierig angesiedelt.

Wenn nun auch noch der bakterielle Harnwegsinfekt „besiegt“ ist, könnte übermorgen die erste Infusion mit Bisphosphonat erfolgen.

Warum !!! sitze ich in der Ecke und heule mir dreimal am Tag mindestens die Augen aus?

Ich fürchte mich wie ein Kind im dunklen Keller.
Gefühl und Verstand sind nicht mehr auf eine Linie zu bekommen



Es grüßt euch Sangise

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Antwort auf Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
15 Nov 2022 13:35
  • Doris2460
  • 313 Beiträge seit
    13. Aug 2022
Hallo Sangise,

ehrlich gesagt, hätte ich deinen Beitrag fast nicht gelesen, denn diese Rubrik meide ich. Leider liest man in diesem Forum recht wenig positives, so dass ich zwischen durch mal dachte, ich melde mich wieder ab.

Bei meiner Diagnose sagte der Pof. das diese Krankheit "sehr gut behandelbar ist". Ich habe eine lange Behandlung hinter mit, aber es hat sich absolut gelohnt. Vielleicht baut dich meine Geschichte etwas auf. Ich kam im Februar 2021 mit 61 Jahren mit unsäglichen Schmerzen ins Krankenhaus, der Orthopäde meinte Osteoporose oder Tumot, er denkt Tumor an der Brustwirbelsäule. ich war komplett bettlägerig, hatte eine Schmerzpumpe, die mich zu jeder Behandlung begleitet hat und jede Menge andere Schmerzmittel. Es wurde nach ein 4 Tagen mit Bestrahlungen der Brustwirbelsäule begonnen, nach 10 Tagen hatte ich eine Tumorentfernung an der Halswirbelsäule. Nach 6 Wochen wurde ich mit Halskrause, Korsett und Rollator entlassen. Zur Bestrahlung wurde ich jeden Tag liegend transportiert. Nach einer Woche wieder ins Krankenhaus mit Blinddarm). Aber immerhin konnte ich 3 Wochen später an der coronabedingt extrem kleinen Feier nach der Standesamtlichen Hochzeit meiner Tochter teilnehmen.
Ich habe mich dazu entschieden an einer Studie teilzunehmen, und hatte 6 Zyklen Induktionstherapie, nach der 4. wurden meine Stammzellengesammelt. Letztes Jahr Anfang November war meine Hochdosistherapie und meine Stammzellentransplantation. Meine Werte hatten sich schon vorher sehr stark verbessert und im Moment bin ich in Completer Remission.

Ich habe mit stückweise mein Leben zurück erobert und kann fast alles wieder machen. Ich bin seit Anfang Juni Oma und der Kleine ist mein bester Physiotherapeut. Ich habe als ich ihn das 1. Mal in den Arm gelegt bekommen habe, gedacht, dass es nur so geht. Ich kann ihn aber tatsächlich hochheben und konnte, als er noch nicht so schwer war sogar mit ihm auf dem Arm gehen. Das war für mich unvorstellbar. Genauso, dass ich auf der Hochzeit meiner im Juli diesen Jahres bis zum Schluss aushalten konnte und auch am nächsten Tag musste ich nicht Büsen und konnte mit der Verwandtschaft in den Biergarten gehen, auch das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich konnte letztes Jahr höchsten 1,5 Stunden im Auto sitzen, im Mai habe ich 6 Stunden durchgehalten und es wäre wohl auch mehr gegangen. Ende Juli sind wird mir der Familie 9 Erwachsene und Säugling 12 Stunden nach Kroatien gefahren es ging problemlos. All diese Dinge konnte ich mir nicht ansatzweise vorstellen.

Derzeit bin ich in der Erhaltungstherapie und nehme täglich 15 mg Lenalidomid und alle 8 Wochen Zometqa (Biophosphat) zur Knochenhärtung, dass ist außer meine Diabetes Medikamente alles.

Ich habe erst im August angefangen, mich mit dem allen auseinander zu setzen und das hat mit auch gutgetan, dass ich nicht vor jeder Behandlung/Medikament schon voreingenommen bezüglich der Nebenwirkungen war. Zwischenzeitlich habe ich in einer Selbsthilfegruppe viele langjährig Erkrankte kennengelernt. Die damals nur einen kurzen Zeitraum zu Überleben genannt bekommen haben und jetzt bereits 12 und 15 Jahre mit dieser Erkrankung leben. Es gibt kaum ein Gebiet auf dem zur Zeit so viel geforscht und so viele neue Medikamente zugelassen werden wie beim Myelom. Jetzt gibt es sogar Hoffnung der Heilung in absehbarer Zeit. Es gibt so viele unterschidliche Medikamente, wenn es zum Rezidiv kommt.

Ich weiß nicht wo du wohnst, aber ich würde auf alle Fälle eine Zweitmeinung in einem Myelomzentrum einholen, dann ambulante Onkologen können nicht so auf dem neusten Stand sein, wie spezialisierte Kliniken, da sie sich ja mit allen Krebsarten auskennen müssen. Mein Onkologin in der Klink Nürnberg sagte mal scherzhaft, sie könne gar nicht so viel lesen, wie derzeit veröffentlicht wird.

Man liest leider immer nur von denen, denen es schlecht, die anderen schreiben leider nicht. Ich war auch enttäuscht, dass es hier bei dem Tread "positives trotz MM" kaum Antworten gab, aber ich versichere dir es gibt auch viele, die ein normales oder fast normales Leben trotz der Diagnose leben.

Bitte lass den Kopf nicht hängen und gehe positiv die Behandlung/Bekämpfung an, denn der Kopf und die Einstellung sind auch ein sehr wichtiger Faktor. Du kannst mr gerne auch persönlich schreiben.

Liebe Grüße
Doris

Doris
Das Leben geht weiter, selbst wenn es humpelt

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Antwort auf Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
15 Nov 2022 15:55
  • Landos
  • 133 Beiträge seit
    29. Jun 2020
Hallo Sanginse,
Ich kann verstehen das deine Gefühle momentan im Keller sind, ich schreibe momentan.
Auch bei mir ist nicht jeder Tag gleich.
Ich kann dir nur raten ,dir eine zweitmeinung zu holen, damit du weißt wohin dein Weg geht.
Viele sind hier den Weg schon gegangen,du bist nicht allein.
Ich habe mir damals psychologische Hilfe geholt, denn ich war auch ganz durcheinander.

Ich wünsche dir alles gute , du kannst mich gerne privat anschreiben.
Lg.Marion

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Antwort auf Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
16 Nov 2022 06:02
  • miregal
  • 712 Beiträge seit
    17. Mai 2019
Hallo Sangise,
Ich kann das vollkommen nachvollziehen.Meine ersten Wirbelbrüche hatte ich beim Skifahren, wurde mit dem Heli ins Krankenhaus geflogen mit Verdacht auf Hexenschuss. In den Röntgenaufnahmen konnten sie nichts entdecken, erst Tage später dann im CT entdeckten sie einige hohle Stellen in den Wirbelkörpern. Das wurde dann zwei mal operativ stabilisiert (bis dahin immer noch ohne Befund), ich fragte bei jeder Visite nach, was los ist. Eines Morgens kam dann der Stationsarzt herein und sagte ohne jegliches Feingefühl: wir gehen von einem Plasmozytom aus. Dr Google wusste dann sofort, nicht heilbar, Überlebenszeit wenige Monate bis Jahre (war damals noch so). Nun denn, der Chefarzt beruhigte mich erst mal, zum Glück wäre es nur ein Plasmozytom, alles andere wäre schlimmer gewesen. Schöner Trost. von einem herrlichen Skiausflug zum Palliativpatienten von Null auf gleich. Bei der Entlassung wurde ich zur ambulanten Bestrahlung in eine andere Klinik überwiesen. Als ich daheim den Garten sah, es war Frühjahr, dachte ich daran, was alles hergerichtet werden muss, und gleichzeitig, ob das überhaupt noch Sinn macht.
Soweit zur Vorgeschichte. Nach der Bestrahlung der 3 Brustwirbel wurde das Blut untersucht und eine Knochenmarksbiopsie gemacht, beides absolut negativ. Dann begannen langsam wieder meine Lebensgeister zurückzukehren. Im darauf folgenden Herbst war ich wieder skilaufen! Weitere 2 Jahre später begannen langsam die Leichtkettenwerte wieder zu steigen, nach 5 Jahren war dann doch eine systemische Behandlung notwendig. Die Hochdosischemo wollte ich wie der Teufel das Weihwasser vermeiden. Nun denn, ich wurde in einer Studie behandelt, und bereits nach einem Monat waren wieder die Blutwerte in der Norm. Die Diskussion das ganze weitere Procedere durchzumachen spare ich mir hier, hab es nach viel Überredung des Chefarztes doch durchgeführt. Und nun? Seit 3.5 Jahren MRD negativ, bin Vollzeit berufstätig, und außer einigen Narben sieht man mir nichts von der Vorgeschichte mehr an. Mache weiterhin Sport, einmal wöchentlich Rückentraining in einer Rehagruppe, auch Pilates geht inzwischen wieder, wenn auch wegen der 10 stabilisierten Rückenwirbel nur eingeschränkt. Fazit in 9 Jahren nur einige Monate in klinischer Behandlung, ansonsten normal weitertgelebt. Ich drücke dir die Daumen, dass bei Dir auch alles so positiv verläuft. Geringer Knochenmarksbefall ist schon mal ein guter Startpunkt!
Letzte Änderung: 16 Nov 2022 06:12 von miregal.

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Antwort auf Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
18 Nov 2022 19:45
  • Sangise
  • 6 Beiträge seit
    12. Nov 2022
Liebe Doris,
wie gut doch Worte und Anteilnahme tun!
Ganz, ganz vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast für die ausführliche Antwort.
Ich bin in der Uniklinik in Göttingen gelandet und hoffe zunächst mal aus Linderung der Schmerzen und dann weitere Diagnostik.
Auf der Onkologie-Station gibt es hier viele warmherzige Menschen. Das allein tut schon gut.
Zuhause konnten mein Mann und ich die Herausforderungen mit dieser Situation nicht mehr schaffen.
Unsere Kinder wohnen alle ziemlich weit weg (500 und 600 km) und müssen ihr Berufs- und Familienleben meistern.
Da bleibt nur der Freundeskreis, aber davon sind die meisten genauso alt wie wir beide (73/79) und haben auch ihre gesundheitlichen Probleme.
Alles nicht so einfach, aber durchaus der „Normallfall“ in unserer Gesellschaft.
Ich werde mich, wenn ich wieder etwas mehr Power habe, für eine Selbsthilfegruppe einsetzen.
Jetzt machen mich die Morphine müde.
Liebe und herzliche Grüße- bleib weiter gut in der Spur -

Sangise

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Antwort auf Aufmunterung gesucht, um nicht den Mut zu verlieren
18 Nov 2022 21:38
  • Sangise
  • 6 Beiträge seit
    12. Nov 2022
Hallo lieber miregal,
Dankeschön für deinen mutmachenden Beitrag. Es ist ja unglaublich, wieviel noch geht, wenn man sich der Diagnose stellt und es zulässt, dass mit „scharfer Munition“ geschossen wird, auf das, was den Körper so heimtückisch befallen hat.
Dein Beispiel hat mich sehr berührt. Überhaupt haben mir schon einige liebe Menschen geschrieben.
Das Gleiche erlebt zu haben, verbindet.
Ich muss noch ein bisschen mehr Vertrauen aufbauen, dass ich auch noch schöne Tage haben kann.
Bin mit 73 Jahren auch nicht mehr ganz so vital, wie man mit Mitte 50 ist. Trotzdem sind da Träume und Ziele.
Ich glaube, dass es mir schon psychisch besser geht, wenn diese grässlichen Schmerzen in Schach gehalten werden.
Dazu bin ich gerade stationär in der Uniklinik in Göttingen.
Einstellen der richtigen Schmerzmittel und weitere Diagnostik bezüglich möglicher Absiedelungen.
Ein tolles freundliches Team auf der Station machen mich schon ruhiger, als ich es zu Hause mit meinem Ehemann (79) sein konnte.
Ich hoffe auf Fachleute, die für mich ein Konzept entwickeln, um mir wieder mehr Lebensqualität zu ermöglichen.

Sei gegrüßt mit einem Hoffnungsblitzen in meinen sonst so verheulten Augen.

Sangise

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