Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
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Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?

Betreff: Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
05 Okt 2022 18:01
  • MM-2022
  • 4 Beiträge seit
    05. Okt 2022
Hallo zusammen, ich weiß gar nicht wie ich Anfangen soll. Meine Mutter hat im April 2022 mit 52 die Diagnose Multiples Myelom erhalten. Am 13.09.2022 ist sie für die Hochdosis Chemo mit anschließender Stammzellentransplatation ins Krankenhaus. Am 03.10.2022 ist sie verstorben. Am Anfang schien alles super zu sein, bis eine leichte Lungenentzündung ins Spiel kam. Diese sollte aber auch laut den Ärzten kein Problem dar stellen. Am 23.09.2022 hatte Sie durch ein akutes Nierenversagen, welches von den Ärzten zu spät festgestellt wurde, eine Morphiumvergiftung und wurde am selben Tag auf eine Überwachungsstation verlegt. Sie erhielt regelmäßig das Gegenmittel der Vergiftung und wurde mit Sauerstoff versorgt. Am nächsten Morgen kam ich ins Krankenhaus und dann hieß es, sie soll auf die Intensivstation verlegt werden, da der Sauerstoff nicht ausreichen würde. Am Abend wurde sie dann in ein künstliches Koma gelegt, damit sie künstlich beatmet werden kann und ihr Körper sich erholen sollte. An diesem Tag konnte ich das letzte mal mit ihr sprechen. Tag für Tag sagte man uns, dass man sie versuchen würde aufzuwecken. Zwei Tage später, musste sie mehrmals reanimiert werden, da ihre Herzfrequenz so hoch war, dass ihr Blutdruck komplett weg war. Ab diesem Tag ging laut den Ärzten alles in die richtige Richtung, die Zellen hätten sich neu gebildet, die Entzündungswerte wurden besser. Zwischenzeitlich wurde ein Luftröhrenschnitt gemacht, weil dieser sie weniger stören würde, wenn sie sie aufwecken würden. Jeden Tag saß ich 8 Stunden bei ihr am Bett. Am 02.10 bin ich abends nachhause gefahren und habe gefragt, ob ich mir Sorgen machen müsste. Auch da sagten die Ärzte wieder, ich müsste mir keine Sorgen machen, der Zustand wäre natürlich kein guter, aber es geht in die andere richtige Richtung. Nur ein paar Stunden später, kam der Anruf, dass meine Mutter zeitnah versterben wird. Im Internet und auch mein Aufklärungsgespräch findet man nichts zur Sterberrate durch die Hochdosis Chemo. Ist dies wirklich ein absoluter Einzelfall? Ich habe im Nachhinein das Gefühl, dass die Ärzte total überfordert mit der Situation waren.

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Antwort auf Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
05 Okt 2022 19:18
  • Mapoli
  • Mapolis Avatar Moderator
  • 1431 Beiträge seit
    17. Jun 2011
Liebe/r MM-2022,

zunächst mal mein herzliches Beileid zum plötzlichen Tod Deiner Mutter. Das tut mir sehr leid und ich wünsch Dir viel Kraft und Stärke für die Trauerbewältigung, sowie liebevolle Menschen an Deiner Seite.

Zunächst einmal so viel:
Deine Schilderung von den letzten Tagen Deiner Mutter sind sehr drastisch und sollte die Leser hier nicht erschrecken. Darum möchte ich für alle, die den Beitrag lesen, sehr deutlich sagen, dass solch ein Verlauf nicht der normale Verlauf ist!

Die Mortalität (Sterberate) des Verfahrens der autologen Stammzelltransplatation liegt UNTER 5%. Infektiöse Komplikationen sind im Wesentlichen dafür verantwortlich (Quelle: onkopedie/Infektiöse Komplikationen nach autologer SZT). Oft bringt der Patient die Infektion schon vorher mit und sie wurde nicht erkannt.
In der Regel haben die Patienten eine Weile lang Übelkeit, manchmal Durchfall, manchmal Fieber. Dann wird rasch eine Blutkultur angelegt, um zu schauen, ob Bakterien vorliegen, es wird geschaut, ob der ZVK eine Ursache für das Fieber sein kann usw..
Du hast nicht erwähnt, ob es eine autologe oder eine allogene war, ich bin mal von der autologen ausgegangen, ist das richtig?

Warum es bei Deiner Mutter zu so einem dramatischen Verlauf kam, kann man aus der Ferne sicher nicht beurteilen. Auch wenn die Behandlung relativ sicher ist, gibt es eben leider auch mal einen schlechten Verlauf, bis hin zum Tod. Wie auch bei einer OP, z.B. der Galle oder vom Blinddarm oder anderen Eingriffen. Das Immunsystem wird eben ganz heruntergefahren und damit bleibt immer ein Restrisiko. Beim Aufklärungsgespräch muss das angesprochenen worden sein!
Aber nach wie vor ist die Stammzelltransplantation eine sehr gute und gängige Behandlung beim Multiplen Myelom, die sehr vielen Patienten das Leben um viele Jahre verlängert. Es tut mir sehr leid, dass es bei Deiner Mutter anders gekommen ist.

Da Dich das ganze aber sehr beschäftigt, würde ich mit dem behandelnden Arzt vor Ort sprechen und fragen, warum das Nierenversagen, wie Du schreibst, zu spät erkannt wurde.
Natürlich kann man sich auch an Patientenschutz & Krankenhausaufsicht wenden, das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Schau mal auf die Seite des für Euch zuständigen Gesundheitsministeriums.

War Deine Mutter hier im Forum aktiv? Darf ich fragen, welche Vorbehandlung sie hatte? Hatte sie vorher schon Probleme mit Lungenentzündungen? Hat sie das Morphium schon vorher bekommen?

Ich wünsche Dir, dass Du einen Weg findest, das Erlebte zu verarbeiten und wünsche Dir von Herzen alles Gute.
Ma
Letzte Änderung: 05 Okt 2022 19:22 von Mapoli.

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Antwort auf Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
05 Okt 2022 20:01
  • MM-2022
  • 4 Beiträge seit
    05. Okt 2022
Hallo,

vielen Dank. Es beschäftigt mich so sehr, weil meine Mutter einfach keineswegs damit gerechnet hat, nicht mehr lebend aus dem Krankenhaus zu kommen und sie war SEHR realistisch. Ja genau, sie hatte eine Autologe.
Was ich noch vergessen hatte zu erwähnen, sie hatte zu dieser Vergiftung, auch noch eine Sepsis. Das Morphium hat sie erst im Krankenhaus, zur Schmerzlinderung der Schleimhautentzündungen, erhalten. Lungenentzündungen waren nie ein Problem, sie war in den letzten Jahren eigentlich nie krank. Keine Grippe, Erkältung oder ähnliches.

Sie war im Forum eine aktive Leserin.

Wir haben einfach gehofft, dass die Chemo ihr noch ein paar Jahre verschafft.

Wir wurden auch viel zu spät angerufen, der Zustand war um 22:00 schon so kritisch, dass sie nicht mehr ins CT konnte, um 01:30 wurden wir informiert, dass sie zeitnah verstirbt. Ich denke, sie wäre schon gestorben, wäre sie nicht an der Beatmung gewesen. Ich mache den Ärzten keine große Vorwürfe, was die Behandlung angeht, aber die Information hätte viel früher kommen müssen. Welcher Mensch möchte alleine sterben? Wir haben es zwar noch geschafft, aber es war sehr knapp.

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Antwort auf Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
05 Okt 2022 23:00
  • Logopädin
  • 410 Beiträge seit
    06. Feb 2016
Liebe Angehörige,
es tut mir sehr leid, was passiert ist.
Es ist sehr selten, dass Todesfälle nach SZT auftreten.
In meinem Transplantationszentrum ( dem von der Patientenzahl her größten in Europa) wurde mir versichert, dass sie in den letzten 10 Jahren dabei keinen einzigen Patienten verloren hätten.
Das Risiko wurde mir mit theoretisch 2% angegeben.
Meine Zimmernachbarin erlitt einen Herzstillstand und wurde erfolgreich reanimiert.
Allerdings ist die Station ausschließlich auf autologe Stammzellentransplantationen spezialisiert.
Im Klartext, die machen da nichts anderes. Nie!
Und das heißt, dass sämtliche Mitarbeiter*innen dort immer wissen, was zu tun ist und jede Komplikation schon mal erlebt und durchgestanden haben.
Du schreibst nicht, wo deine Mutter sich behandeln lassen hat - aber inzwischen machen nach meinem Empfinden immer mehr Krankenhäuser SZT, weil das richtig viel Geld bringt und obwohl das nicht ihr täglich Brot ist. Das erhöht sicherlich die Rate von ( tödlichen) Komplikationen.
Was du schreibst, klingt nicht sehr souverän von ärztlicher Seite aus.
Aber sicher ist das letztlich aus der Ferne heraus schlecht zu beurteilen.
Und es ist jetzt ja auch müßig, dich deshalb zu grämen. Du kannst es nicht mehr ändern.
Viel Kraft wünsche ich dir
Liebe Grüße
Nicole

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Antwort auf Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
05 Okt 2022 23:11
  • MM-2022
  • 4 Beiträge seit
    05. Okt 2022
Liebe Nicole,

vielen Dank. Das Ganze wurde in der UNI Klinik in Köln gemacht. Ich weiß, dass es mir überhaupt nichts bringt, irgendeinem Vorwürfe zu machen, dass nimmt mir weder den Schmerz, noch hilft es meiner Mama. Aber die Gedanken stehen einfach nicht still.

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Antwort auf Hochdosis Chemo - Sterbefall - Einzelfall?
06 Okt 2022 11:11
  • Logopädin
  • 410 Beiträge seit
    06. Feb 2016
Liebe Angehörige,
die UK Köln gehört sicher zu den großen hämatologischen Zentren.
Ich war genau so alt wie deine Mutter, als ich die Stammzellentransplantation erhielt.
Und auch ich war bis daher top gesund.
Aber mein persönliches Empfinden war, dass ich die Prozedur nur knapp überlebt habe - die Ärzte sahen das anders.
Ich würde das auf Grund meiner Erfahrungen auch nicht noch einmal machen.
Aber vor mehr als 6 Jahren hatte ich mich dafür entschieden, genau wie deine Mutter.
Und sie wusste um die Risiken.
Die Mitpatientin, die im Nebenbett reanimiert wurde, hat
noch zwei Jahre Leiden vor sich gehabt, bis sie an der dritten Sepsis schließlich verstarb. Nach zwei Jahren in Dauerbehandlung und mehr im Krankenhaus als zuhause.
Auch wenn sich das jetzt vielleicht seltsam oder zynisch anhört, aber die Mitpatientin wäre vielleicht besser dran gewesen, wenn die Reanimation erfolglos geblieben wäre...
Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Geschehnisse einen tieferen Sinn haben.
Hoffentlich kannst du es auch irgendwann so sehen.
Viel Kraft wünsche ich dir
Nicole

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