Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
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MM meines Vaters

Betreff: MM meines Vaters
13 Dez 2022 17:37
  • ClauSaa
  • 19 Beiträge seit
    13. Dez 2022
Hallo an alle hier im Forum,

ich lese schon länger hier mit und habe heute beschlossen, mich nun doch anzumelden. Ich bin selbst nicht vom MM betroffen, aber mein Vater, er hat die Diagnose im Mai 2021 bekommen. Jetzt bin ich auf der Suche nach Informationen und auch einfach nach Austausch mit anderen, um mich nicht so allein zu fühlen….
Ich fasse den Verlauf mal kurz zusammen:
Monate lang hatte mein Vater therapieresistente Rückenschmerzen, im Röntgen kein Befund, dann wurde im MRT ein solitärer Herd in einem Brustwirbel gefunden, der sich in der Biopsie als Plasmozytom/MM herausstellte. Der kaputte Wirbel wurde operativ stabilisiert. Im CT war damals außer dem einen Herdbefund nichts zu sehen. Im Blut kappa- und Lambda-Leichtketten-Anstieg (den genauen Wert hab ich aktuell nicht parat), der Quotient normal, in der Elektrophorese ein Peak, ansonsten normale Blutwerte. In der KM-Punktion unter 2% befallene Zellen. Allerdings hat er eine genetische Auffälligkeit, die ihn zum Hochrisikopatienten macht (TP53/17p-Deletion, 13q14-Deletion, 1p32-Deletion). Da mein Vater mit seinen damals 70 Jahren körperlich sehr fit war, hat er nach drei Zyklen Induktionschemotherapie zwei Stammzelltransplantationen nach Hochdosischemo mit Melphalan bekommen. Er hat eine Polyneuropathie in den Füßen und leicht auch in den Händen entwickelt, 20 kg Gewicht verloren und zwischendurch wegen Geschmacksstörungen kaum mehr gegessen. Aber insgesamt hat er das alles recht gut überstanden, Polyneuropathie wurde mit Ergo- und Physiotherapie besser, Gewicht hat er wieder zugenommen. Nur leider hat es am Grundproblem wenig geändert. Die Leichtketten blieben erhöht mit der Tendenz, immer ein bisschen weiter zu steigen, der Quotient liegt immer entweder noch knapp im Normbereich oder knapp darüber. Bisher wurde er zur Erhaltung mit Revlimid 10 mg therapiert, was er auch relativ gut verträgt und er bekommt alle drei Monate Xgeva. Aufgrund der Tatsache, dass die Leichtketten immer etwas mehr ansteigen und er diese Risiko-Genetik hat, wurde vom behandelnden Oberarzt (er ist in der Uni Würzburg in Behandlung) empfohlen, eine erneute KM-Punktion und ein PET-CT zu machen. Außerdem wurden wieder die Laborwerte überprüft. Er hat aber immer versichert, dass die steigenden Leichtketten für ihn nicht dramatisch sind, solang der Quotient halbwegs normal bleibt. Das PET-CT war nun völlig okay, das Ergebnis der KM-Punktion steht noch aus. Die Leichtketten sind wieder ein bisschen höher (lambda 61,25, kappa 118,48), der Quotient liegt bei 1,93 und ist damit im Vergleich zum Vorwert sogar gesunken. Trotzdem ist Prof. Einsele, mit dem mein Vater seit langem heute wieder einmal ein Gespräch hatte, der Meinung, dass sich die Situation verschlechtert aufgrund der steigenden Leichtketten und aufgrund der Tatsache, dass mein Vater zur Anämie und Thrombozytopenie neigt (was aber ja auch vom Revlimid kommen kann?)und der Kreatinin-Wert auf 1,26 gestiegen ist (von vorher 1,16). Er empfiehlt erneut drei Zyklen Chemo, ähnlich der Induktionschemo vom Anfang. Mein Vater ist natürlich frustriert und auch verunsichert, weil ihm ja vorher immer versichert wurde, dass die Lage unter Kontrolle ist, er hat Angst, dass sich jetzt alles wiederholt und kriegt richtig Panik, wenn er an die Klinik denkt. Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, was hinter dieser Entscheidung steckt. Aber ich bin ja auch nicht der Fachmann. Nur warum sich Oberarzt und Chefarzt da so unterscheiden in ihrer Einschätzung, das verstehe ich nicht so ganz.
Ich weiß, für eine kurze Zusammenfassung war das jetzt verdammt viel Text….ich hoffe, es erbarmt sich hier trotzdem jemand und liest das alles. Ich wäre dankbar für eine Einschätzung des ganzen, vielleicht versteht jemand, warum die Entscheidung jetzt so gefallen ist oder hat ähnliches erlebt. Ich freue mich über jede Rückmeldung!!

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Antwort auf MM meines Vaters
13 Dez 2022 19:19
  • Stani
  • 277 Beiträge seit
    23. Mai 2021
Es wäre sehr hilfreich für die Meinungsbildung, wenn Du Informationen zur Induktionschemo geben könntest: welche Mittel, welches Ergebnis?
1. HDC/ASCT mit welchem Ergebnis?
2. HDC/ASCT mit welchem Ergebnis? Wann erfolgt?
Handelt es sich tatsächlich bereits um wieder ansteigende Werte oder noch um Einpegelreaktionen des Immunsystems? Erhöhung beider Leichtketten bei normalem Quotienten?
Bekam er Velcade in der Induktionschemo? Sprach er darauf gut an? Angelblich besser bei der TP53 - Deletion auch in der Erhaltung.
Mein Mann bekam zwar auch Revlimid verordnet zur Erhaltung, hatte allerdings Velcade (Bortezomib) bereits über 6 Zyklen Induktionschemo.
Wenn ich das bisher richtig verstanden habe, sind Ansprechen auf die Therapie, erreichter Grad der Remission und deren Dauer, wichtige Anhaltspunkte für den weiteren Verlauf der Krankheit. Prof. Einsele ist möglicherweise hellhörig wegen einer kurzen Dauer und will wegen der Hochrisikogenetik rechtzeitig gegen lenken?

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Antwort auf MM meines Vaters
13 Dez 2022 20:02
  • ClauSaa
  • 19 Beiträge seit
    13. Dez 2022
Vielen Dank für die schnelle Antwort!
Ich habe folgendes aus den Arztbriefen entnehmen können:
1. Zyklus (Juni 2021) Induktionschemo mit Daratumumab 16mg, Doxorubicin 6mg, Bortezomib 1,3mg/m2, Dexamethason 20mg, Revlimid 25mg

2. Zyklus (Juli 2021) genauso wie 1. Zyklus. Leider hat mein Vater nach dem zweiten Zyklus eine Trizytopenie entwickelt sowie eine Bronchopneumonie, die ihn fast umgebracht hätte. Er hat Thrombozytenkonzentrate bekommen und war lange stationär, bis die Krise überwunden war. Zuvor hatte er einen Port bekommen, der aber wieder explantiert werden musste aufgrund einer Entzündung.

Ein dritter Zyklus wurde aufgrund der heftigen Reaktion und dem guten Ansprechen auf den zweiten Zyklus nicht durchgeführt. Das hatte ich in meiner ersten Nachricht falsch geschrieben. Prof. Einsele hat für die Zukunft Bortezomib aus dem Therapieplan gestrichen, weil er davon ausgeht, dass dieser Wirkstoff die heftige Reaktion ausgelöst hat und auch für die Polyneuropathie verantwortlich ist, die nach dem zweiten Zyklus begonnen hat.

Nach beiden Zyklen war der Quotient mit 2,29 erhöht, die Leichtketten lambda und kappa im Normbereich. Beta2-Mikroglobulin mit 2,8 leicht erhöht.

Im August 2021 erfolgte nach Etoposid/Cyclophosphamid die Stammzellsammlung, die eine große Menge Stammzellen erbrachte. Die erste Hochdosis-Chemo war im Oktober 2021, Melphalan 60mg/m2 und Stammzellrückgabe. Laborkontrolle im November: Leichtketten normal, Quotient 1,90, beta2-Mirkoglobulin 3,3.
Zweite Hochdosis-Chemo im Januar 2022, da fehlt mir irgendwie ein Arztbrief, Melphalan war auf jeden Fall 70mg/m2. Vom April 2022 habe ich das nächste Kontrollergebnis, da waren die Leichtketten weiterhin normal, der Quotient 1,49. Im August 2022 waren dann die kappa-Leichtketten bei 30,92, also schon erhöht, lambda war noch in Ordnung (19,76), Quotient mit 1,56 in der Norm. Daraufhin hat mein Vater mit Revlimid 10mg begonnen. Im September kappa 92,35, lambda 40,92, also beides erhöht, Quotient 2,26, auch erhöht. Aufgrund dieser Entwicklung hatte der Oberarzt in Würzburg dann vorgeschlagen, ein Restaging zu machen mit KM-Punktion und PET-CT. Zu erwähnen ist auch noch, dass seit der Revlimid-Behandlung die Thrombos kontinuierlich sinken auf jetzt 40.000, der Hb-Wert schwankt zwischen 11,5 und 10,8, die Leukos liegen bei ca. 4.500.

Ich hoffe, ich hab jetzt nichts vergessen….

Lg Claudia

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Antwort auf MM meines Vaters
13 Dez 2022 20:16
  • ClauSaa
  • 19 Beiträge seit
    13. Dez 2022
Eine Sache noch: in der Immunfixation war eine monoklonale IgG-Kappa-Gammopathie soweit ich weiß in jeder Kontrolle nachweisbar. Das war also trotz Therapie nie weg.

Lg Claudia

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Antwort auf MM meines Vaters
14 Dez 2022 10:50
  • Stani
  • 277 Beiträge seit
    23. Mai 2021
Liebe Claudia,
als ich noch gar nichts wusste, über diese Krankheit und die möglichen Therapien, haben die behandelnden Ärzte für meinen Mann eine eher konventionelle Therapie für die Induktion gewählt. Wie ich heute weiß und auch am Beispiel Deines Vaters sehe, gibt es dazu stark abweichende Meinungen, nach dem Motto: da sollte man viel stärker drauf hauen, besonders bei Hochrisikogenetik.......
Inzwischen habe ich mich sehr viel mit dieser Krankheit beschäftigt, verfolge aufmerksam hier die Wege und Erfahrungen.
Meine Einstellung war, auch vorher, schon immer: wenn ich selbst gar nichts weiß, muss ich mich auf das Wissen anderer verlassen......damit können viele scheinbar gut leben. Ich nicht!
Was im Klartext heißt: erst eigenes Wissen ermöglicht eine eigene Meinung. Was allerdings auch heißt: ich übernehme die Verantwortung und das Risiko für eine Entscheidung, die darauf aufbaut.....schau ins Profil....
Völlig verlassen fühlt man sich damit, wenn es gar nicht um einen selbst geht, sondern um den Partner oder, wie bei Dir um den Vater......ich war unzählige Male versucht, diese Verantwortung abgeben zu wollen....und bin jedes Mal an den Punkt gelangt: Hilfe, was wird das denn jetzt......Bremse ziehen, genau hin schauen, Schaden-/ Nutzenanalyse, weglassen, ersetzen? RISIKO. Eine absolute Gratwanderung. Zum Glück schaut mein Mann nicht weg, sondern mit hin und weiß, dass er vor allem das Risiko trägt, mir und meinem Wissen zu vertrauen.
Ein Weg also den man Niemandem empfehlen kann, da er sehr belastend ist.

"Wissen ist Irrtum auf dem neusten Stand" las ich gestern......und genau so sehe ich das auch!

Ich fürchte, dass das alles jetzt wenig hilfreich für Dich war. Als Tochter für den Vater an einer Weggabelung zu stehen, ist....seufz.....sprich mit ihm. Er sollte Dich da nicht allein stehen lassen.

Was man, unabhängig vom gewählten Weg, immer selbst tun kann und nach meiner Erfahrung einen sehr großen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit hat: auf gesunde Ernährung und Bewegung achten.

Lieber Gruß- Eva
Letzte Änderung: 14 Dez 2022 10:54 von Stani.

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Antwort auf MM meines Vaters
14 Dez 2022 16:30
  • ClauSaa
  • 19 Beiträge seit
    13. Dez 2022
Liebe Eva,

erstmal vielen Dank für deine Worte. Sie helfen mir. Denn es tut gut zu hören, dass man nicht allein ist mit den Zweifeln an so manchem….ich habe dein Profil angeschaut, mein Vater ist auch 1950 geboren und auch sonst gibt es einige Parallelen.
Als mein Vater 2021 die Diagnose bekam, war das für alle ein ordentlicher Schlag, er war bis dahin ein rundum gesunder Mensch, aber ich habe schon während der Zeit der schlimmen Schmerzen immer gedrängt, dass er das doch endlich mal anschauen lassen soll, nachdem Hausarzt und Orthopäde meinten, das sei doch in dem Alter völlig normal. Aber wenn doch die Ärzte sagen, das ist so normal, dann kommt man als Tochter halt auch oft nicht so gut an, wenn man dann nervt. Im Verlauf der Krankheitsgeschichte sind solche Momente immer mal wieder aufgetaucht. Als er nach dem zweiten Zyklus eine massive Bronchopneumonie hatte und bei ihm zu Hause im örtlichen Krankenhaus lag, wo sich die Situation von Tag zu Tag verschlechtert hat, hat es einen richtigen Streit gekostet, bis er damit einverstanden war, dass wir ihn nach Würzburg zu uns bzw. in die Uni holen. Als er nicht mehr gegessen hat, das gleiche Spiel. Streit, Diskussionen und Zuschauen, wie der eigene Vater immer „weniger“ wird. Ich bin halt auch nicht die Geduldigste…
Ich versuche, mich zu informieren und so gut es geht, meine Meinung zu sagen, ohne zu sehr zu manipulieren. Aber schwer ist das schon manchmal. Aktuell bin ich halt wieder in der Zwickmühle. Ein Oberarzt sagt seit Monaten, die Laborwerte, insbesondere die steigenden Leichtketten seien kein Problem, solang der Quotient passt. Und dann ändert sich an der Situation im Prinzip nichts, der Chefarzt betrachtet das ganze und sagt, dass aufgrund der Verschlechterung der Leichtketten eine erneute Chemo nötig ist. Irgendwie passen da für mich zwei Sachen nicht zusammen. Aber ich kann deswegen gerade trotzdem nicht sagen, was richtig ist. Vielleicht ist beides irgendwie richtig. Mein Vater macht, was ihm gesagt wird, wenn auch nicht mit Begeisterung, logisch. Wenn ich jetzt sage, machs nicht, weil es sich für mich irgendwie nicht passend anfühlt, dann hin ich schuld am Ende….die Verantwortung kann ich momentan nicht übernehmen. Das Argument des Professors ist außerdem, dass eine Änderung der Therapie hin zu neueren Möglichkeiten das Ausschöpfen der konventionellen Therapie voraussetzt.

Lg Claudia

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