Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
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Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?

Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
21 Okt 2023 11:47
  • Callosum62
  • 91 Beiträge seit
    18. Sep 2023
Hallo, Peet,

wenn Deine Mutter bereits in Kurzzeitpflege gewesen ist, dann könnte es sein, dass bereits ein Pflegegrad vorliegt. Ich habe das Prozedere zur Erhöhung des Pflegegrade bei meiner Mutter (ist jetzt 87) letztes Jahr zwei mal durchgemacht, erst einen Antrag auf Höherstufung von Pflegegrad 2 auf 3 und dann nach Ablehnung (ein sogenanntes "Gutachten" rein nach Aktenlage, da kam niemand, um meine Ma zu begutachten) einen wohlformulierten Widerspruch, unterfüttert mit aktuellen Arztbriefen. Meine Mutter ist dann von Pflegegrad 2 auf 3 hochgestuft worden (wieder nach Aktenlage) - Grad 3 war das Minimum, was notwendig war, um dauerhaft in das betreute Wohnen einer Pflegeeinrichtung aufgenommen werden zu können.
Bei der Formulierung des Antrages oder Widerspruches hilft es, vorab das "Begutachtungsinstrument der sozialen Pflegeversicherung" sehr genau zu studieren, insbesondere die Fallbeispiele und deren Begutachtungsergebnisse.
md-bund.de/themen/pflegebeduerftigkeit-u...tungsinstrument.html
Hier kann man nämlich erkennen, dass eine Mobilitätseinschränkung gar nicht so viele Punkte bringt, selbst, wenn diese sehr ausgeprägt ist, denn sie zählt nur zu 10% (das ist der geringste Anteil) zur Gesamtbegutachtung. Der größte Bringer ist die Selbstversorgung mit 40% - hier gut zu formulieren ist wichtig.
Ich bin dann bei der Formulierung alle Punkte als da wären Mobilität (10%), kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweise und psychische Problemlagen (15%), Selbstversorgung (40%), Bewältigung von und selbständiger Umgang mit Krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20%) und last not least Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (15%) durchgegangen und habe zu allem was Schlaues geschrieben, was auch ein wenig mit der Terminologie des Begutachtungsinstrument übereinstimmt. Hat dann nur 3 Wochen gedauert, bis die Antwort kam.
Manchmal kann es schlau sein, einen Antrag auf Höherstufung gerade dann zu stellen, wenn es dem zu Begutachtenden nicht gar so gut geht ;)
Psychotherapeuten, die Hausbesuche machen, sind ziemlich selten, Physiotherapeuten machen das öfter. Manchmal wird auch die Psyche besser, sobald die Mobilität sich erhöht oder Schmerzen geringer werden, von daher würde ich durchaus erwägen: erst Physio, dann Psycho. Auch Ergotherapeuten können hier helfen, die bieten neben körperorientierten Therapien (z.B. sensomotorisch-perzeptive Behandlung - dauert zeitlich pro Einheit etwas länger als Physio) eine psychisch-funktionelle Behandlung an (nicht so intensiv wie Psychotherapie, aber in der Not...). Meine Frau ist Ergotherapeutin und arbeitet die Hälfte ihrer Zeit ambulant mit Hausbesuchen. Hängt halt davon ab, ob man für BEIDE Heilmittelerbringer gleichzeitig Rezepte vom Hausarzt bekommen kann, aber mit Physio und Ergo käme man dann vielleicht auf 2-3 mal Behandlung pro Woche.
Ein leichtgradig wirkendes Antidepressivum kann zur Überbrückung bei psychischen Störungen helfen, z.B. den Schlaf verbessern oder den Antrieb bzw. die Stimmung steigern.
Aber wie alle anderen auch schon sehr richtig geschrieben haben: immer Schritt für Schritt, und wenn man es sich nicht aussuchen kann, dann immer die wichtigsten Baustellen zuerst...

Ich wünsche viel Kraft und Durchhaltevermögen auf dem Weg...

Folge Deinem Herzen, aber vergiss dabei nicht, Dein Hirn mitzunehmen.
(Alfred Adler)

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Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
21 Okt 2023 16:40
  • Doris2460
  • 313 Beiträge seit
    13. Aug 2022
Hallo Peet,

mir ist spontan eingefallen, dass es doch an den Krankenhäusern einen Sozialdienst gibt, der einen praktisch unterstützt.

Außerdem gibt es auch die Möglichkeit der liegend Fahrdienste. Ich selbst bin einigen Wochen liegend zu Bestrahlungen und 2 x die Woche zur Therapie gebracht worden.

Alles Gute und viel Kraft für euch

Doris
Das Leben geht weiter, selbst wenn es humpelt

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Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
21 Okt 2023 20:08
  • Jockel258
  • Jockel258s Avatar
  • 292 Beiträge seit
    22. Sep 2022
Richtig Doris, das hatte ich ganz vergessen.
Ihr solltet euch wirklich ganz schnell an den sozialen Dienst in dem Krankenhaus wenden, wo deine Mutter jetzt ist. Das geht auch nur so lange, wie sie dort ist.

Liebe Grüße, Jockel

Wer Tippfehler findet, darf sie behalten

Körper sind vergänglich, Seelen nicht.

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Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
22 Okt 2023 10:00
  • Peet_23
  • 12 Beiträge seit
    12. Sep 2023
Hey Callosum,

auch an dich ein liebes Dankeschön für die Zeit die du dir für die ausführliche Antwort genommen hast. Ich hoffe sehr, wir bekommen die höhere Pflegestufe ohne Komplikationen, aber für den Fall dass es nicht funktioniert, bin ich dann etwas vorbereitet. Die ganzen Argumentationen nehme ich schon mal direkt mit in den Termin den wir dann mit dem medizinischen Dienst haben.

Durch die Pflegestufe 3, entstehen euch da beim Betreuten Wohnen noch weitere Kosten oder kann das komplett abgerechnet werden? (Ich glaube so ca. 1k muss man selber tragen, also Miete, NK usw). Da meine Mutter nicht selbständig ist, würde ich auch gerne den Schritt gehen nach der Kurzzeitpflege. Wenn du da noch weitere Tipps hast, wäre ich dir sehr dankbar wenn du diese teilen magst. Ich kenn mich da bis jetzt auch gar nicht aus und lese mich da gerade Schritt für Schritt ein. Aber hier werde ich auch nochmal morgen mit dem Sozialdienst aus dem KH sprechen, ich denke dieser wird mir auch sehr entgegen kommen und helfen. (Danke auch euch nochmals für den Tipp Doris und Jockel)

Habt alle noch einen schönen Sonntag.

Grüße,
Peet
Letzte Änderung: 22 Okt 2023 12:42 von Peet_23.

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Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
23 Okt 2023 10:47
  • Mapoli
  • Mapolis Avatar Moderator
  • 1428 Beiträge seit
    17. Jun 2011
Hallo Peet,

es ist viel im Moment für Dich und auch für Deine Mutter. Man ist im Krankenhaus immer emotional in einer Ausnahmesituation. Ihre Nierenproblematik kommt sicherlich dazu, was auch zu Verwirrung führen kann und zu Unkonzentriertheit.

Wie bereits geschrieben wurde, gibt es im Krankenhaus eine Sozialdienst, der die Höhergruppierung der Pflegestufe vor Ort gemeinsam mit dem med. Dienst organisieren. Mache Dir zeitnah einen Termin mit dem sozialen Dienst. Frage die Schwestern auf Station, wer zuständig ist.
Sie könne auch dafür Sorgen, dass Krankengymnastik am Bett im Krankenhaus gemacht wird. Bei der Visite bitte den zuständigen Arzt bitten, Krankengymnastik stationär anzuordnen! Ebenso gibt es in den Krankenhäusern Psychologen, die der Stationsarzt als Konsiel dazu bitten sollte. Da die, je nach Klinik, manchmal recht viel zu tun haben, ist der Seelsorger im Krankenhaus ein guter zusätzlicher Ansprechpartner. Das organisieren die Schwestern und Pfleger, man muss sie nur darum bitten. Ebenso gibt es auch in den meisten Krankenhäusern ehrenamtliche, die solche Betreuung und Gespräche mit übernehmen und Deiner Mutter Mut zusprechen können.
Die Psychoonkologen im Krankenhaus habe auch Adressen von niedergelassenen Psychoonkologen. Wenn es in der Nähe einen solchen nicht gibt dann kann ein Traumapsychologe sehr hilfreich sein. Bei bettlägerigen Patienten kommen die auch ins Haus.
Ein Gespräch mit einer ambulanten Palliativversorgung (SAPV-Teams) ist auch sehr hilfreich. Die haben gute Tipps und mehr Möglichkeiten, als ein Pflegedienst. Ein Beratungsgespräch jetzt, wo sie noch stationär liegt, ist auf jeden Fall sinnvoll.

Alles Gute für Deine Mama!
Liebe Grüße
Ma
Letzte Änderung: 23 Okt 2023 10:50 von Mapoli.

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Antwort auf Therapie mental nicht machbar - jemand Tipps und aufbauende Worte?
23 Okt 2023 22:06
  • Callosum62
  • 91 Beiträge seit
    18. Sep 2023
Hallo, Peet,
ich habe gerne geantwortet und brauche nicht viel Zeit dazu, weil ich sehr schnell im 10-Finger-System tippen kann. Deswegen auch meine manchmal langen Antworten: ich haue einfach schnell das in die Tasten, was mir gerade einfällt
Also erstmal ist wichtig: Das heißt jetzt nicht mehr PflegeSTUFE, sondern PflegeGRAD. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, und wie ich lernen musste, spielen Formulierungen bei Anträgen zur Pflegeversicherung eine große Rolle. Sind halt oft "Aktendeckel" beim MD da ;)
Leider wachsen Plätze für ein Betreutes Wohnen nicht auf Bäumen, und es ist nicht leicht, einen guten und finanzierbaren Platz zu ergattern. Es wird eben meistens erst dann ein solcher Platz frei, wenn der Vormieter stirbt. Meine Mutter konnte aufgrund einer erhöhten Sturzgefahr nicht mehr in ihrer eigentlich barrierefreien Wohnung bleiben, auch mit ambulanter Pflege nicht. Wir haben 8 Monate Vorlaufzeit gebraucht (Warteliste Platz 7), bis wir sie in einer in der Nähe befindlichen Einrichtung unterbringen konnten, die ein betreutes Wohnen nach dem Baukastensystem anbietet, d.h. neben einer Grundpflege können hier je nach Aufwand Leistungen zugebucht werden. In diesem Einzelzimmer mit kleiner Küchenzeile und barrierefreiem Bad/Dusche kann sie also auch bleiben, wenn sie mal voll pflegebedürftig sein wird und muss dann nicht in ein Doppelzimmer im Pflegeheim umziehen. Manchmal hilft der Zufall: Meine Ma ist vor zwei Jahren Mitte August gestürzt und war dann mit Beckenringfraktur 3 Wochen im KH, danach noch 3 Wochen in einer geriatrischen Reha. Eine Woche wurde sie im Haus meiner Schwester versorgt (Riesenaufwand mit Pflegebett, Toilettenstuhl und allem Schebäng), dann hatten wir in 2021 einen Kurzzeitpflegeplatz. Dann wieder bei meiner Schwester. Und im nächsten Kalenderjahr 2022 gab es wieder die Genehmigung für Mitte Januar für eine Kurzzeitpflege, das sind ja maximal 1774 Euro, die die Krankenkasse pro Kalenderjahr dazu bezahlt. Also zahlt man auch hier reichlich dazu, je nach Dauer des Aufenthaltes, aber das weißt Du wahrscheinlich schon. Dann kam sie wieder zu meiner Schwester, bis der Platz im betreuten Wohnen endlich zur Verfügung stand. Tja, war schwierig, es musste neben der ambulanten Pflege halt dauernd jemand zuhause sein, weil sie immer wieder aufstehen wollte, und auch für den Toilettengang, da kann man ja nicht jedes mal den Pflegedienst anrufen.
Also, meine Ma wohnt im Norden, da gibt es auf dem Land noch kostengünstige Einrichtungen des betreuten Wohnens, die oft an eine Pflegeeinrichtung angedockt sind. Bei Pflegegrad 3 bekommen wir monatlich 1262 Euro sogenannte Sachleistungen für die Pflege im betreuten Wohnen, das Geld geht von der Pflegekasse direkt an die Pflegeeinrichtung. Wir zahlen 484 Euro Warmmiete für ihr Zimmer an die Vermieterin, dann kommen noch 300 Euro sogenannte Haushaltskosten für die Pflegeeinrichtung dazu (also Essen usw.), zusätzlich noch 35 Euro für Strom. Und 60 Euro pro Monat für eine Putzfrau - so ein Zimmer ist schnell geputzt, die Hauptarbeit ist im Nassbereich. Sie hat ein Hausnotrufsystem, das zahlt die Krankenkasse auf Antrag. Mit ihrer Rente kommt sie momentan ganz gut hin, und die Qualität der Einrichtung und der pflegerischen Unterstützung ist hoch.
Der Widerspruch gegen die Ablehnung des Pflegegrades 3 - wie gesagt, der Grad 3 war die Voraussetzung für die Aufnahme in der Pflegeeinrichtung - war insgesamt drei engbeschriebene DIN-A-4 Seiten lang. Natürlich hängen die Formulierungen und die Gewichtung auf die einzelnen Bereich immer davon ab, welche Einschränkungen denn bestehen. Ich rate nochmal dazu, Punkt für Punkt durchzugehen und den Zustand Deiner Mutter so konkret wie möglich im Hinblick auf ihre Einschränkungen zu beschreiben, also was sie alles nicht mehr kann oder wo sie die Unterstützung durch Hilfspersonen benötigt.
Wichtig ist m.E. noch, zu wissen, dass ein einmal zugesprochener Pflegegrad nicht für immer gelten muss. So etwas wird überprüft. Ich habe daher folgende Schlussformel an unseren Widerspruch drangehängt:
"Insgesamt ist bei mir, dem Personal des ambulanten Pflegedienstes und den Personen, die meine Mutter von früher kennen, der Eindruck entstanden, dass das Rehabilitationspotential meiner Mutter ausgeschöpft ist. Eine ausreichende Selbständigkeit als Voraussetzung für eine Rückkehr in ihre Wohnung auch mit Unterstützung durch ambulante Pflegedienste kann meines Erachtens nicht mehr erreicht werden. Meine Mutter benötigt vielmehr die beständige Anwesenheit von Hilfspersonen, wie sie nur in einer stationären Pflegeeinrichtung oder bei einer 24-Stunden-Plege zuhause gewährleistet werden kann."
Noch ein letzter Tipp, insbesondere für diejenigen, die sich nicht so mit dem Gesundheitssystem oder der Pflegeversicherung auskennen: Der VdK ist eine ganz gute, relative kostengünstige Adresse, um sich auch weiterhin ambulant beraten zu lassen, z.T. gibt es auch eine Rechtsberatung. Die Beratungsqualität hängt zwar leider sehr von den Sachbearbeitern vor Ort ab (die sind meistens ehrenamtlich tätig, da gibt es auch weniger gute), aber für einen Mitgliedsbeitrag von 18 Euro im Quartal gibt es immerhin auch die VdK-Zeitschrift, in der schon mal der ein oder andere hilfreiche Hinweis steht. Und auch sonst finde ich das Geld gut angelegt, denn der Verband hat mit 2,2 Millionen Mitgliedern auch ein politisches Gewicht, und die Präsidentin Vera Bentele macht, glaube ich, einen ganz guten Job.

Ich wünsche weiterhin viel Kraft, Geduld und Ausdauer für die nächste Zeit.

Folge Deinem Herzen, aber vergiss dabei nicht, Dein Hirn mitzunehmen.
(Alfred Adler)

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