Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
Online-Netzwerk für Patienten/-innen und Angehörige

Einordnung von Foren, Fluch und Segen

Betreff: Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 08:09
  • MarcWen
  • MarcWens Avatar
  • 364 Beiträge seit
    09. Jun 2011
Hallo in die Runde,

ich weiß nicht, ob es hierzu schon einen Thread gibt, aber sicher hat sich Jeder schon ein mal hierzu Gedanken gemacht. Wie gebe ich Informationen im Internet weiter und wie nehme ich diese auf. Nun bin ich schon seit knapp 20 Jahren aktiv im Internet unterwegs und würde mich zu den alten Hasen zählen.

Das erste mal richtig nachdenklich wurde ich vor ca. 5 Jahren als bei mir Hautkrebs festgestellt wurde. Ich war/bin in einem großen Krebsforum angemeldet und auch aktiv. Fast täglich dort geschaut oder sich mit anderen Betroffenen ausgetauscht. Irgendwann hatte ich festgestellt, dass mir das nicht immer gut tut, ich schwer loslassen kann bzw. mich öfter negativ beeinflusst hat. Also nahm ich Abstand.

Wie seht ihr unser Forum hier? Nutzt ihr es als Informationsquelle? Wollt ihr euch mit anderen Patienten austauschen? Wollt ihr Feedback geben?

Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass man eher im Internet sucht und aktiv ist, wenn man ein Problem hat oder eine Antwort auf seine Fragen sucht. Das ist wohl auch mit ein Grund, dass man in solchen Foren eher Probleme oder von negativen Dingen liest. Aber ist es das, was man braucht? Sicher, man könnte ja erst mal pessimistisch an die Sache rangehen und sich dann positiv überraschen lassen.

Auf der anderen Seite kann man auch die Leute verstehen, denen es gut geht, die Abstand brauchen, mit dem Thema abgeschlossen haben, dass diese ihr Leben genießen und sich mit anderen Dingen nicht belasten wollen.

Ich hatte gestern wieder so einen Tiefpunkt. Die Abschiedsthreads hier im Forum, die haben mich sehr nachdenklich gemacht. Warum macht man das Ganze überhaupt? Wozu etwa in die Allo gehen?

Vor 2 Wochen in Wü war ich noch recht positiv und hatte mich regelrecht auf die anstehende Therapie gefreut. Als der Prof erzählte, dass vor kurzen erst ein Patiententreffen stattfand wo über 300 Patienten teilnahmen und viele davon gut erholt, gesund wieder voll im Leben stehen.

Wo sind diese ganzen Leute? Kennt ihr auch solche Fälle?

Sicher, es gibt auch hier die Erfahrungsberichte. Das könnten aber noch viel mehr sein. Ich will nicht weg- oder schönreden, versuche eben nur die positiven Dinge genauso zu sehen.

Wie geht ihr damit um?

Liebe Grüße, Marcus

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Antwort auf Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 08:31
  • Margret
Lieber Marcus,

ein interessantes Thema... und eines, bei dem es wohl keine einheitliche Meinung geben wird... aber hoffentlich eine spannende Diskussion...

Als wir 2006 die Diagnose "MM" bekamen, habe ich tage- und nächtelang vor dem PC gesessen und versucht, alle Informationen zu bekommen, die das www nur hergab. Die ungeordnete Fülle der Informationen hat mich völlig erschlagen, bis ich das Forum der APMM fand, in dem ich geordnet die verscheidenen Themen vorfand und nach und nach abarbeiten konnte. Im Lauf der Zeit lernte man Forumsmitglieder kennen und nahm Anteil an den Erfolgen aber auch an den traurigen Entwicklungen, an Todesfällen.

Wie soll ich das insgesamt nun bewerten - positiv oder negativ? Mein (subjektives) Fazit ist trotz vieler schlechter Nachrichten doch positiv. Weil man das Gefühl hat, nicht allein zu sein, weil man sich austauschen und mitteilen kann.

Als mein Mann 2010 starb, habe ich mich in einem Trauerforum angemeldet. Zuerst hat mich die Fülle der sortigen Schreiber mit allen den schrecklichen persönlichen Erlebnissen sehr mitgenommen. Im Lauf der Zeit habe ich aber genau daraus eine Menge Kraft geschöpft - daraus, dass es anderen genau so ging und dass es andere Menschen gab/gibt, die diese Lebenskatastrophe überlebt haben und gestärkt daraus hervorgingen.

Auch dabei ist mein Fazit insgesamt positiv, ich habe wertvolle Erfahrungen gemacht und liebe Menschen dazugewonnen.

Du schreibst, dass dich insbesondere die negativen Beiträge sehr mitnehmen. Das kann hier jeder sicher gut verstehen. Aber eben aus diesem Grund gibt es dafür einen eigenen Thread, den man ja nicht zwingend lesen muss, wenn man es im Moment nicht so gut verträgt.

Du schreibst weiter, dass Du Dir die "Sinnfrage" stellst - das geht uns allen wohl so... Wozu kämpfen, wenn das MM am Ende doch gewinnt? Na ja... man könnte auch fragen "Wozu leben, wenn wir am Ende doch alle sterben müssen?" Ich habe darauf für mich Antworten gefunden:

Weil es nicht um den Tod geht, sondern um das Leben.
Weil der Sinn des Lebens das Leben selbst ist.
Weil das Leben den Wert hat, den wir ihm geben.
Weil jeder Tag zählt.
Weil jeder schöne Augenblick kostbar und unwiderbringlich ist.
Weil es zum Leben keine sinnvolle Alternative gibt.

Ich wünsche Dir und uns allen jeden Tag ein Stückchen Kraft, Mut und eine Portion Lebenswillen und Lebensfreude - trotz allem...
Margret



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Antwort auf Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 10:14
  • Almish
  • Almishs Avatar
  • 354 Beiträge seit
    23. Okt 2009
Lieber Marcus,
genauso ging es mir die letzten Tage. Ich mache ja gerade meine 1. Autologe, bin auch noch relativ jung und hungrig aufs Leben und dann kam die schreckliche Nachricht von Uwes Tod. Ich habe dann beschlossen, diesen Thread erst mal nicht mehr zu öffnen.
Ich bin seit 2004 in diesem Forum und habe für mich nur Positives rausgezogen, viele liebe Menschen, die mich wirklich verstehen gewonnen und auch viele Ängste durch Wissenserwerb abgebaut. Natürlich sind auch viele MMler auf der Strecke geblieben, was mich wütend, traurig und hilflos gemacht hat. Aber so is das Leben, gehen muss jeder, dageblieben is noch keiner;-)
Heute sehe ich alles entspannter und im Moment natürlich auch gespannt (schlägt die Therapie endlich an, die 1. hat versagt, wie weit schaffe ich die Remission und v.a. wie grau wächst mein Haar nach;-)
Meine Strategie ist, ich nehme das Myelom nicht mehr so ernst, lasse es nicht mehr vorrangig in mein Leben und lache es aus. Diesen Humor möchte ich so gern ein bisschen ins Forum tragen, da wir wie gesagt so oft gemeinsam weinen, aber das Lachen nicht vergessen dürfen.
Bernd lief dem Krebs davon, ich lache ihm ins Gesicht und zeige ihm die Zunge (und manchmal den Stinkefinger).
In diesem Sinne
eure Marion, die heute noch die Sonne am See geniesst mit den Hundis

Kopf hoch, Nase in den Wind
Das Leben stinkt

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Antwort auf Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 10:26
  • Harry
Hallo Marcus,
leider kann ich nicht viel schreiben wegen meiner Augen, aber soviel: Ich kenne Patienten persönlich mit MM (es geht aber hier nur um allogentransplantierte, die auch der Prof. gemeint hat), es war ein Treffen der allo SZT, denen es nach 6 bzw 7 Jahren sehr gut geht und z.Zt. "gesund" sind. Myelommäßig bin ich nach 1 Jahr und 4 Monaten nach allo auch noch in Komplettremission, nur die GvHD macht mir zu schaffen.

Weiterhin habe ich die Erfahrung in vielen Gesprächen gemacht, dass Patienten, die nichts Negatives über MM wissen wollen nicht im Internet unterwegs sind und sich auch sonst "froh" reden um das MM zu verdrängen. Ich bin der Meinung, dass man zu der Krankheit stehen sollte, mit allen Konsequenzen positiv als auch negativ, da es sich um eine Tatsache handelt, aber dass muss jeder für sich entscheiden.

______________________________
Harry ("Profipatient") - Diagnose 22.11.2004 - IgG Kappa, Stadium II a- Revlimid, Thalidomid, Velcade etc., 3 x autologe SZT, 1 x allogene SZT

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Antwort auf Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 11:23
  • joseph
  • josephs Avatar
  • 4701 Beiträge seit
    22. Okt 2009
Hallo Marcus

Du stellst viele Fragen, die fast keiner dir beantworten kann, ich versuch dir mal meine persöhnlichen Antworten/Eindrücke wieder zu geben

Wie seht ihr unser Forum hier?

Ich bin seit April 2005 dabei, also aktiver Leser und Schreiber, zuerst im alten Forum danach im neuen, aktuellen Forum.
Ich seh das Forum als eine Bereicherung für
1) meinen persöhnlichen Informationsbedarf
2) persöhnlichen Kontaktbedarf
3) Zeitvertreibbedarf
4) Austauschbedarf

Nutzt ihr es als Informationsquelle?

Persöhnlich, ganz klares Ja

Wollt ihr euch mit anderen Patienten austauschen?

Ich seh das so ===> Das sollte doch das primäre angesteuerte Ziel eines guten Forums sein und meine persöhnliche Meinung ist, dass unser Forum dieses sehr gut erfüllt und erreicht

Wollt ihr Feedback geben?

Ich denke, nicht nur Feedback, sondern auch in schweren Zeiten den Patienten, den Angehörigen, den Mitleidenden (Freunden) zur Seite stehen und Ihnen eine Schulter bieten zum Anlehnen, wenns dann nötig wird oder ist

Wo sind diese ganzen Leute?

Viele sind nur stille Leser, Einige schreiben manchmal, eine Handvoll ist Gottseidank unter den Schreiber und Leser.
Nach den erfolgreichen Allo-Therapien ziehen sich die Meisten zurück vom Forum um Abstand zum MM zu gewinnen, was vollkommen verständlich ist, zumindest für mich

Kennt ihr auch solche Fälle?

Einige Heilerfolge vom MM sind mir bekannt, nur wie es den Patienten heute geht, da sollten doch lieber die Allo-Patienten darüber schreiben

Wie geht ihr damit um?

Ich lebe, was da Zeug hergibt, reise soweit meine Brieftasche reicht und geniesse einfach jeden Tag, den ich erleben darf

MFG

Joseph

Von 04ten April 2005 bis ........................ ist schon ein langer Weg

Die , die Bock haben mit mir über WatsApp zu kommunizieren 00352 621 139 084

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Antwort auf Einordnung von Foren, Fluch und Segen
23 Mai 2012 13:15
  • jürgenk
  • 459 Beiträge seit
    25. Aug 2011
Hallo Markus

Allein der Überschrift Deines Themas kann ich schon zustimmen. Das Forum ist für mich ein Fluch und ein Segen.
Im Netz bin ich ähnlich lange unterwegs wie Du. Mit Ausbruch der Erkrankung vor etwa 25 Jahren dachte ich allerdings noch nicht an Dr. Google oder ein Forum. Bei Diagnosestellung vor etwa 12 Jahren schlug das MM derart heftig zu, dass an eine Netzrecherche nicht zu denken war.
Nach meiner allogenen SZT 2003 erreichte ich einen beschwerdefreien Zustand und konnte viele Jahre das Leben genießen. Die Erkrankung geriet in Vergessenheit bis ich mir 2009 eine Pneumokokken-Meningitis einfing. Seither bin ich taub und mein Gleichgewichtssinn ist zerstört. Damit bekam jedoch auch das MM wieder Oberhand. In der Folge verlor ich zunächst die Funktionalität des linken Arms.
In der Zeit suchte ich Rat im Netz und fand ihn in diesem Forum.
Das war ein Segen bei dem erlittenen Desaster.
Die Unterscheidung zwischen segensreichen Beiträgen, Nichtmeldungen und schädigenden Texten und Themen fiel noch leicht. Eine Belastung war für mich allerdings die Beobachtung des Umgangs mit anderen Ansichten, Mitglieder hatten sich dem Mainstream anzupassen oder sahen sich Anfeindungen ausgesetzt. So ist das nun mal in Gesellschaften, im eher anonymen Netz und hier bei uns ist es auch so.
Das betrachte ich als überschaubaren Fluch.
Für die angesprochene Rubrik bin ich zu schwach. Die Meldungen machen mich hilflos und ich kann nicht einmal meine Anteilnahme zum Ausdruck bringen. So leide ich still.
Noch mehr Kraft kostet es mich, Meldungen über dramatische Verläufe der Erkrankung zu lesen und den verängstigten Schreibern mit Hinweis auf die noch denkbaren positiven Entwicklungen Mut zu machen.
Was wir Patienten und die Angehörigen nach meiner Einschätzung für den Umgang mit dem Krebs brauchen ist Hoffnung und eine positive Einstellung zum Alltag und zur Behandlung. Dann kann es uns gelingen, das Leben auch mit den Einschränkungen der Krankheit noch lange angstfrei zu genießen.
Im Forum können wir dazu beitragen, Menschen in ihrer Angst aufzufangen, damit das MM zur Nebensache wird. Angstfrei können wir auch schwierige Behandlungen in Klinken leichter überstehen und mit Zuversicht auf den Entlassungstag schauen. Genau im Auffangen ratloser Patienten sehe ich den Zweck des Forums und glaube, dass es diesen auch gut erfüllt.
Das ist ein Segen.
Auf die Behandlungen ließ ich mich ein, um all die schönen Jahre erleben zu können, die ich seither hatte. Was meine Zukunft bringt kann mir keiner sagen und ich möchte es auch nicht wissen.
Sollte ich morgen mein Ende finden, werde ich mich nicht drüber ärgern, heute noch Freude empfunden oder gar gespendet zu haben.

Liebe Grüße
Jürgen

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