Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom

Arbeitsgemeinschaft Multiples Myelom (Plasmozytom, Morbus Kahler)
Online-Netzwerk für Patienten/-innen und Angehörige

In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Joseph Seil-Rommes,
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Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit

Betreff: Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
24 Jun 2018 15:54
  • Jo
  • 506 Beiträge seit
    03. Jun 2018
Liebe Foristen, es gibt Anlaß zur Annahme, dass nicht in jedem Fall das Beste für den Patienten, sondern massive Wirtschaftsinteressen hinter vielen Therapientscheidungen stehen. Kliniken stehen unter einem enormen Drück, vor allem wirtschaftlich zu arbeiten. Wir bemerken das in vielfältiger Weise: Einsparung von Pflegepersonal und Arztbesatz, restriktive Zeitbeschränkung für das Arzt-Patientengespräch, es wird viel zu viel operiert, Medikamentenoptionen werden nach ihren Kosten entschieden. Für uns Foristen ist es ohne genaue Kenntnis sehr schwer, auf Augenhöhe mit zu entscheiden, ob eine Therapie-/Medikamentenetscheidung richtig gut oder nur leidlich gut, eben nur 2. Wahl ist. Wir sollten auf jeden Fall sehr wachsam sein, es ist unser Leben! Je besser wir selbst die Therapieoptionen besser verstehen, je mehr werden wir nicht nur passive Empfänger, sondern aktive Mitgestalter. Oft hilft hier natürlich auch die Zweitmeinung. Damit ich nicht falsch verstanden werde, es gibt auch sehr gute Ärzte, die sich um die beste Entscheidung auch gegen Widerstände redlich bemühen. Wenn wir für diesen Aspekt sensibilisiert sind und die Optionen kennen, können wir vielleicht etwas an dieser Situation ändern.
Ich freue mich über Rückmeldungen zu diesem Thema
Liebe Grüße euer Jo

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Antwort auf Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
24 Jun 2018 18:10
  • Mucki1
Lieber Jo!

Als "nur" Angehörige eines an MM erkrankten Ehemannes, lese ich hier häufig im Forum mit.

Es stimmt wohl leider, dass häufig, vor allem in den Kliniken, die Wirtschaftlichkeit vor Patientenwohl

geht. Wenn man sich etwas mit der Krankheit beschäftigt und auch Statistiken liest, stößt man , vor

allem in jüngster Zeit, immer wieder auf die Frage, ob die HD mit anschließender SZT noch immer die

Therapie der ersten Wahl ist. Lange Zeit war dies so und spezielle Kliniken wurden dementsprechend gefördert und ausgestattet. Aber gerade mit den neuen Medikamenten werden auch vermehrt Stimmen laut, die die als alternativ los geltende HD(be Patienten die dafür geeignet sind) anzweifeln. Ich glaube auch, dass es einen Unterschied zwischen Kassen und Privatpatienten gibt. Dies ist jedoch nur meine persönliche nicht Meinung. (Mein Mann ist privat versichert). Ihm wurden alle Optionen aufgezeigt und auch in seiner Behandlung offen gehalten. Ob er sich einer HD unterziehen muss bzw. wird , wird die Zeit zeigen. Im vorstelligen Krankenhaus hat man darauf gepocht. Bei einem unabhängigen Onkologen und seinem Kollegen in Österreich(wir sind längere Zeit im Jahr dort),hält man die HD nicht unbedingt sofort von Nöten. In jedem Fall betrachtet jeder Arzt doch immer die Therapieform auch von seiner(auch wirtschaftlichen ) Warte heraus.

So, nun wünsche ich Dir und allen anderen, die dies lesen, einen schönen Sonntag.:) Viele Grüße Daniela

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Antwort auf Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
24 Jun 2018 18:12
  • Mucki1
Sy zu schnell abgeschickt. Hätte besser noch einmal Korrektur gelesenB)

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Antwort auf Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
24 Jun 2018 19:28
  • CLE084
  • CLE084s Avatar
  • 156 Beiträge seit
    06. Feb 2017
Also dass Therapien auch bzw. vielleicht sogar maßgeblich nach wirtschaftlichen Überlegungen angelegt werden ist doch ein alter Hut. Wieso gibt es denn sonst die 2 Klassen Medizin von Privat und Kasse? Und spätestens seit den Krankenhausgesellschaften, die ihre Krankenhäuser nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen, wird es jedem klar sein, dass (Achtung Wortspiel) mit Krankheit mächtig Kasse zu machen ist.

Die voranschreitende Privatisierung sozialer Infrastrukturen ist jedoch hausgemacht: Schließlich wählen seit mehr als 20 Jahren die Deutschen immer und immer wieder dieselbe Mischpoke! Ob nun Kohl, Schröder oder Merkel völlig egal, denn die sind immer und zu allererst mit den Interessenvertretern der Banken und Konzerne verheiratet. Ich sag's mal salopp so: Mit diesem Volk ist wahrlich kein Staat zu machen!

Der Leidensdruck muss erst noch viel größer werden, bevor sich da was ändert. Als zu Beginn der Industriealisierung die Menschen zusammengepfercht mit 10, 15, 20 Personen sich einen einzigen(!) Wohnraum teilen mussten, Kinderarbeit in der Schwer- und Montanindustrie Alltag war, Thyphus und Cholera in den Armenhäusern der europäischen Städte grassierte, da war die Geburtsstunde der großen Reformen, wie 6-Tage Woche, 10-12 Stunden Arbeitszeit, Bismarks Entscheidung zur gesetzlichen Krankenversicherung, die Entstehung der ersten Rentenkassen, etc, etc.

Sieht so aus, als müssten wir erst wieder ganz unten ankommen um wertzuschätzen, was wir auf dem Altar des Mammons opfern! Meine Meinung...

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Antwort auf Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
24 Jun 2018 23:41
  • Mimau
  • Mimaus Avatar
  • 189 Beiträge seit
    15. Okt 2017

Schön das es noch andere gibt !
Ich bin froh das an der Uni Klinik zumindest kein Investor ect. partizipiert oder wirtschaftlichen Druck ausübt. Merkt man auch. Ich bin ganz zufrieden mit meiner Behandlung dort !

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Antwort auf Therapie-Entscheidung und Wirtschaftlichkeit
25 Jun 2018 07:26
  • Jo
  • 506 Beiträge seit
    03. Jun 2018
Ich bin normalerweise überhaupt kein Verfechter von Verstaatlichung, vor allem nicht in der Wirtschaft. Das Gesundheitswesen gehört aber, meiner Meinung nach, unbedingt in staatliche Hand. Eine gute Pflege
und gute ärztliche Betreuung darf nicht länger von wirtschaftlichen Interessen beukottiert werden. Hier ist unser Staat gefordert, speziell Krankenhäuser zu fördern, die sich nicht primär nach dem Kosten-Leistungsprnzip orientieren. Leider ist dieser zu kritisierende Istzustand für uns Foristen sehr deprimierend. Was kann aber jeder einzelne von uns tun, um eine optimalere Behandlung zu erhalten. Wir müssen wissen, was Behandlungsoptionen kosten. Wir sollten die Ärzte danach fragen und sensibel werden, wenn hier immer auf Kosten unserer Gesundheit die preiswerteste Variante gewählt wird. Vor allem ist zu kritisieren, dass die kostenaufwendige individuelle Diagnostik noch nicht Standard ist (Gensequenzanalyse, Analyse der individuellen Oberflächenantigene unserer Myelomzellen). Dies wird auch intern von dem Ärzteteam um Prof Hermann Einsele für die Zukunft eingefordert. Das wurde mir in persönlichen Gesprächen mitgeteilt. Nur wenn man das individuelle Myelom kennt, können speziell darauf abgestimmte Therapien greifen!!! Dann würde man so manche - völlig unnötigen - Rückschläge vermeiden. So wurde ich selbst sehr hellhörig, als ich erfahren habe, dass eine Induktionstherapie in erster Linie nie mit Revlimid begonnen wird, weil Cyclophosphamid viel billiger ist. So kostet die Chemikalien vor Infusiomslösung Cyclophosphamid etwa 8,95 Eur, Revlimid aber 8000,00 Eur die Packung. Wirkungen auf unser Myelom sind in der Regel ähnlich aber Revlimid ist auf jeden Fall nebenwirkungsärmer, vor allem aber sind die möglicherweise auftretenden Kollateralschäden an unseren gesunden Zellen beim Cyclophosphamid viel gravierender. Wenn wir ein wenig sensibler für diesen Aspekt werden, können wir im Namen unserer eigenen Gesundheit etwas ausrichten.
Liebe Grüße euer Jo

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